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Tätigkeitsbericht 1997/98
Tätigkeitsbericht Orpheus Trust Vereinsjahr 1997/98
1. Allgemeine Entwicklung
Die Aktivitäten des Vereines Orpheus Trust umfassen folgende Arbeitsgebiete:
. Forschung und Dokumentation
. Vermittlung, Kontakt- und Informationsstelle für Exilanten, ihre Nachkommen, Wissenschafter, Veranstalter und Musikschaffende
. Veranstaltungskonzipierung, -organisation und Öffentlichkeitsarbeit
Auf allen diesen Gebieten kann das vergangene Vereinsjahr rückblickend als sehr erfolgreiches Jahr gewertet werden:
. der Mitgliederstand hat sich von 96 auf 190 zahlende, ordentliche und außerordentliche Mitglieder erhöht
. das Budget erfuhr eine Steigerung von öS 319.400,02 auf öS 1.014.042,88
. 29 Veranstaltungen haben den Stellenwert der vertriebenen Musikschaffenden im Musikleben Österreichs deutlich aufgewertet
. mit Hilfe des Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank konnte ein Forschungsprojekt gestartet werden
. für dieses Forschungsprojekt konnte mit der Historikerin und Musikerin Regina Thumser eine sehr qualifizierte Mitarbeiterin gewonnen werden
. die Zahl der in der Datenbank erfaßten Musikschaffenden hat sich im vergangenen Jahr auf 1125 Personen erhöht und somit fast verdoppelt
. dem Verein Orpheus Trust wurde von den Erben Moshe H. Jahoda und Walter Mark Gregory der Nachlaß Fritz Spielmanns zur Verfügung gestellt
. mit dem Fritz Spielmann Festival 'Spring came back to Vienna' konnte ein großer Meister der Unterhaltungsmusik vor dem Vergessen bewahrt werden und, auch mit Hilfe des beachtlichen Medienechos, die Arbeit des Orpheus Trust einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden
Da sich der Verein aufgrund der bis vor kurzem sehr dürftigen Finanzsituation (die Erhöhung der Subvention ist vor allem auf das Fritz Spielmann Festival zurückzuführen und ist erst teilweise eingelangt) keine bezahlte Arbeitskraft leisten konnte, hat Primavera Gruber die oben genannten Aktivitäten samt dem dazu erforderlichen Fundraising- und Verwaltungsaufwand in ca. 4000 Arbeitsstunden fast unentgeltlich geleistet und auch Infrastrukturkosten nicht in Rechnung gestellt. Im kommenden Vereinsjahr wird sich diese Situation mit Hilfe der Jahressubvention für die Veranstaltungstätigkeit 1998 durch die Kunstsektion des Bundeskanzleramts und der Kulturabteilung der Stadt Wien erstmals ändern: es wird eine kleinere Summe für Personalaufwand zur Verfügung stehen. Damit können vorsichtig Weichen für eine schrittweise Entwicklung in Richtung professionellere Vereinsstruktur gestellt werden.
2. Forschung und Dokumentation
Unter Projektleiter Jürg Stenzl (Ordinarius des Instituts für Musikgeschichte an der Universität Salzburg) führen Regina Thumser und Primavera Gruber für den Verein Orpheus Trust 1998 im Rahmen eines vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank geförderten Forschungsprojektes 25 Interviews mit Exilanten, ihren Angehörigen und Informanten in Wien, Brasilien, USA und Israel durch. Reise- und Aufenthaltskosten werden teilweise vom Wissenschaftsministerium und der Abteilung Wissenschaft der Stadt Wien übernommen. Im Zuge der Vorarbeiten für dieses Projekt konnten Regina Thumser und Primavera Gruber den Bestand der von der Datenbank erfaßten Musikschaffenden fast verdoppeln. Als Quellen konnte auf neu erschienene Literatur, eigene Forschungsergebnisse, Briefe und mündliche Mitteilungen von Exilanten und Informanten (hier seien auch die vielen Vereinsmitglieder, die uns mit Informationen geholfen haben, erwähnt) zurückgegriffen werden. Eine erstmalige Veröffentlichung dieser Namen fand im Rahmen der Fritz Spielmann Ausstellung statt. Auch der Umfang der 'Werkdatenbank' (Verzeichnis der Kompositionen vertriebener Komponisten) wird sich im Fortschreiten des Projektes deutlich erhöhen, daneben soll ein eigenes Verzeichnis für Interpreten (Konzerttätigkeit, Diskographie etc.) eingerichtet werden.
Die Inventarisierung und Archivierung von Dokumenten, Ton- und Notenmaterial konnte erst in einem äußerst bescheidenen Ausmaß durchgeführt werden, da die beschränkten Räumlichkeiten und Personalressourcen des Orpheus Trust dies bisher erschwerten. Für die Konservierung und auch für die praktische Anwendung, die Vermittlungstätigkeit, bedeutet dies einen Nachteil, der mit dem stetigen Anwachsen des Materials gravierendere Formen annimmt. Eine Erweiterung oder Übersiedlung der Büroräumlichkeiten wird bald notwendig sein.
Eine Ausnahme bildet hier der dem Verein Orpheus Trust zur Verfügung gestellte Nachlaß Fritz Spielmanns, der im Literaturhaus fachgemäß gelagert und gesichtet werden konnte, dort auch weiter bearbeitet und anschließend öffentlich zugänglich sein wird. Die Ankunft dieses Nachlasses im Literaturhaus war wohl eine der Höhepunkte des vergangenen Vereinsjahres - für Orpheus Trust bedeutet diese Geste der Erben Fritz Spielmanns, Moshe H. Jahoda und Walter Mark Gregory, nicht nur eine Fülle an hochinteressantem Material, sondern auch einen besonderen Vertrauensbeweis. Das Bestreben, der Öffentlichkeit diesen Nachlaß möglichst rasch vor Augen (und Ohren) zu führen, konnte mit viel Einsatz seitens der Erben Fritz Spielmanns, des Nachlaßverwalters Seymour Straus, Friederike Zeitlhofer vom Austrian Cultural Institute, New York, von Thomas Gayda, Heinz Lunzer und vielen anderen, die im Katalog des Spielmann Festivals genannt sind, verwirklicht werden. Die 32 Kisten konnten von Musikwissenschafter Thomas Gayda einer ersten Sichtung in Hinblick auf die Konzerte und Ausstellung des Fritz Spielmann Festivals unterzogen werden - die wissenschaftliche Aufarbeitung des Nachlasses wird allerdings ca. zwei Jahre erfordern (eine Finanzierung für dieses Projekt wird erst aufgestellt werden müssen). Die beachtliche Medienberichterstattung brachte dem Verein Orpheus Trust eine zusätzliche Reihe von Informanten, die Näheres zu Fritz Spielmann berichten konnten und es konnten auch im Zuge der Ausstellungsvorbereitung neue Erkenntnisse gewonnen werden. Zum Festival erschien ein Begleitbuch mit Texten von Thomas Gayda, Heinz Lunzer und Gerhard Scheit.
Ein geplantes gemeinsames Forschungsprojekt zum Thema Tanz mit Rose Breuss-Bochdansky kam noch nicht zustande, ist aber in Vorbereitung. Auch mit dem Direktor des Wiener Konservatoriums, Gerhard Track, ist ein kleineres Projekt im Gespräch.
3. Orpheus Trust: Vermittlungs-, Kontakt- und Informationsstelle
Die Vermittlungstätigkeit des Orpheus Trust fand im vergangenen Vereinsjahr erstmals ihren 'systematischen' Niederschlag in einer Aussendung an 350 Veranstalter im deutschsprachigen Raum, in der Namen von 53 Dirigenten, Solisten und Ensembles angeführt waren, die Werke von 'Exilkomponisten' im Repertoire haben und mit dem Verein Orpheus Trust in Kontakt getreten sind.
Da Orpheus Trust nicht als 'Agentur' tätig ist, konnten wir die konkreten Resultate dieser Aussendung nicht umfassend verfolgen, haben aber den Eindruck gewonnen, daß diese Informationsvermittlung im Sinne von Promotion sowohl für die betroffenen Komponisten als auch für die aufgelisteten Interpreten durchaus Wirkung gezeigt hat. Im Sommer ist eine weitere Aussendung geplant, auch diese Liste wird sich inzwischen vervielfacht haben.
Daneben fand eine laufende Vermittlungs- und Beratungstätigkeit in Richtung Veranstalter und Interpreten statt: es konnten Projekte (z.B. Brundibár-Projekt der Jeunesse Musicale Deutschland), Zeitzeugen (z.B. Greta Klingsberg für die Brundibár-Aufführung der Wiener Sängerknaben oder Spielmann-Cousin Moshe H. Jahoda für ein Schülergespräch im Wiener Musikgymnasium), Mitveranstalter (z.B. für die Internationale Sommerakademie 'Didaktik und Gedenken'), Interpreten (z.B. Claus-Christian Schuster und Yair Kless für die Mexiko-Gedenkveranstaltung im Jüdischen Museum), Werktitel und Notenmaterial von vertriebenen Komponisten (z. B. für den Geiger Thomas Christian oder für die Wiener Volksoper) und biographische Informationen (z.B. zu Norbert Brainin und Erwin Weiss an die APA) vermittelt werden. Wenn sich in den Veranstaltungsmailings des Orpheus Trust Platz fand, war der Verein bemüht, auch 'vereinsfremde' Veranstaltungen zum Thema 'vertriebene Musik' (z.B. Symposion der Hochschule für Musik und darstellende Kunst, Oktober 1997) oder Auftritte von Vereinsmitgliedern auf diesem Gebiet (CD-Präsentation Ensemble Klesmer) anzukündigen. Langfristig wird ein eigenes Mitteilungsblatt angestrebt, in dem auch über andere Projekte, über Forschungsergebnisse sowie über die Tätigkeit der Vereinsmitglieder berichtet werden kann.
Mit Exilforschern und wissenschaftlichen Institutionen im In- und Ausland fand ein reger Informationsaustausch statt - regelmäßig wurde der Verein um Informationen zu bestimmten Personen (z.B. Manfred Permoser zu Fritz Spielmann) oder Themen (z.B. Forschungsgruppe Exilmusik Universität Hamburg zu jüdische Komponistinnen) gebeten; im Gegenzug konnten wir uns über uns zukommende Informationen (z.B. Michael Mautner über Norbert Glanzberg), Dokumentationsmaterial (Videointerview Fritz Spielmann von Albert Lichtblau und Helga Embacher oder Briefe Paul Josef Frankls vom Antiquariat Fröhlich), Richtigstellungen (z.B. Margit Wolfsberger: Geburtsjahr Valerie Weigl-Pick 1894) und Hilfsleistungen (z.B. Angelika Hirsch für englische Übersetzungen) freuen. Besonders hervorzuheben ist hier auch die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Exilbibliothek im Literaturhaus, deren Mitarbeiterinnen jederzeit mit Rat und Tat bereit standen.
In nächster Zukunft hoffen wir, uns aktiv um eine noch intensivere Kooperation mit musikwissenschaftlichen Institutionen bemühen zu können.
4. Koproduktionen und Eigenveranstaltungen
Die Veranstaltungstätigkeit hat im Vereinsjahr 1997/98 großen Raum eingenommen. Die Motivation für die besonders intensive Aktivität auf diesem Gebiet lag primär im Anliegen des Vereines Orpheus Trust, die Öffentlichkeit über die vertriebene Musikschaffende zu informieren und Musik von vertriebenen Komponisten zu Gehör zu bringen. So war Orpheus Trust bisher denn auch bemüht, auf alle Anfragen um Kooperation einzugehen, auch wenn dies eine zusätzliche finanzielle und arbeitsmäßige Belastung bedeutet hat. Die für die noch sehr bescheidene Vereinsstruktur (Arbeitskapazität!) allerdings fast zu rege Veranstaltungstätigkeit hatte daneben auch ganz praktische Gründe: für den laufenden Betrieb wurden bisher keine, für Veranstaltungen aber sehr wohl öffentliche Mittel bereitgestellt.
Eine Konzertreihe in der Wiener Urania, 'Hommage an...', eine Reihe musikalischer Veranstaltungen im Rahmen der Veranstaltungsserie 'Die verlorene Insel' im Aktionsradius Augarten, Workshops mit dem Pianisten Karl Ulrich Schnabel an den Musikhochschulen Graz und Salzburg, eine Podiumsdiskussion und eine Vortragsreihe 'Musik im Exil' im Literaturhaus, einzelne Konzerte und Veranstaltungen, u.a. im Herbert von Karajan Centrum, im Jüdischen Museum der Stadt Wien, im Palais Attems Graz, auf Schloß Goldegg und besonders das Fritz Spielmann Festival 'Spring came back to Vienna' mit Konzerten im ORF RadioKulturhaus und einer Ausstellung im Literaturhaus haben dazu beigetragen, daß der 'vertriebenen Musik' österreichweit ein Platz auf den Konzertpodien wie im Gedächtnis der Öffentlichkeit zurückerobert werden konnte.
Eine chronologische Aufstellung der einzelnen Veranstaltungen:
. 26. Mai 1997 Podiumsdiskussion 'Grundfragen der Exilforschung', Literaturhaus
Es sprachen Marion Demuth (Informationszentrum für Verfemte Musik, Dresden, Claudia Maurer Zenck, Musikhochschule Graz, sowie Irene Suchy und Gerhard Scheit, Universität Wien, über Paradigmenwechsel, Wissenschaft im Elfenbeinturm, Moral und Marketing, und die materiellen Voraussetzungen der Exilmusikforschung. Die Podiumsteilnehmer stellten sich und ihre Arbeit vor; Reinhard Kapp konnte anschließend mit gezielten Fragen zu den einzelnen Themen eine interessante Diskussion anregen, an der auch das Publikum eifrig teilnahm.
. 5. Juni 1997 Jubiläumskonzert Wiener Urania
Als Jubiläumskonzert '100 Jahre Wiener Urania' fand ein Liederabend mit Liedern von Egon Wellesz, Marcel Rubin und Fritz Egon Pamer, darunter drei Uraufführungen, sowie mit Jugendliedern Gustav Mahlers und den 'Frühen Liedern' von Alban Berg statt. Edna Prochnik, Mezzosopran, sang, begleitet von Ralph Heiber, Christian Baier moderierte.
. 7. Juli 1997 'Vergessene Musik der Zwischenkriegszeit', Styriarte Graz
Für dieses Kammermusikkonzert im Palais Attems, gespielt von Janna Polyzoides und Freunden, konnte Orpheus Trust mit Programmvorschlägen und Quellenhinweisen behilflich sein, die zur Aufführung von Werken von u.a. Karel Reiner und Hugo Kauder führten. Hanna Reinerová, die Witwe von Karel Reiner, war persönlich anwesend und wurde von Styriarte-Intendant Mathis Huber interviewt.
. 10. Juli 1997 Workshop 'Brundibár und die Kinder von Terezín'
Im Rahmen der Internationalen Sommerakademie 'Didaktik & Gedenken', veranstaltet von 'Arche - Plattform für Interkulturelle Projekte', vermittelte Orpheus Trust die Referenten Doris Schopf und Oliver Tauke (Fritz Bauer Institut) vom Brundibár- Projekt der Jeunesse Musicale Deutschland, die gemeinsam mit Veronika Filzmaier-Stasek und Richard Labschütz vom BRG Wien IV diesen Workshop gestalteten. Vom Orpheus Trust wurde eine Kooperation mit dem ÖKS vermittelt.
. 4. September 1997 Konzert im Rahmen der Ausstellung 'Gast und Gastlichkeit', Schloß Goldegg
Das Amber Trio Jerusalem spielte Klaviertrios von Paul Ben-Haim, Arnold Schönberg ('Verklärte Nacht' in der Fassung für Klaviertrio von Eduard Steuermann) und Erich Zeisl (erste Nachkriegsaufführung eines Werkes dieses Komponisten in Österreich).
. 24. September 1997 Vortrag: Alexander Zemlinsky, Literaturhaus
Unter dem Titel 'Und einmal gehst Du....' sprach Christoph Becher, Leiter der Dramaturgie des Wiener Konzerthaus, über Lebensstationen des Komponisten Alexander Zemlinsky. Mit Musikbeispielen.
. 2. Oktober 1997 Gesprächskonzert 'Hommage an Hans Gál' im Rahmen der Urania- Konzertreihe 'Vertriebene Komponisten und zeitgenössische Musik'
Komponistenporträt Hans Gál mit dem Ensemble On Line, wobei auch Werke der jungen Komponisten Wolfgang Nening, Alexander Wagendristel und Michael Amann (drei Uraufführungen) zu Gehör gebracht wurden, in Anwesenheit von Eva Fox-Gál und Simon Fox, Tochter und Enkel von Hans Gál. Anschließend Publikumsgespräch.
. 22. Oktober 1997 Empfang des Jewish Welcome Service für Mitglieder und Proponenten des Orpheus Trust anläßlich des Besuchs von Karl Ulrich Schnabel, Literaturhaus
Nach der Begrüßung durch Dr. Leon Zelman und Stadtrat Dr. Peter Marboe entwickelten sich angeregte Gespräche, die beim
. Podiumsgespräch Ulrich Baumgarten mit Karl Ulrich Schnabel fortgesetzt wurden:
'For the first 10 years of my career I was always the wrong Schnabel....' : Begegnungen mit dem Pianisten KARL ULRICH SCHNABEL (*1909), Sohn des legendären Pianisten und Komponisten ARTUR SCHNABEL (1882-1951), mit historischen Aufnahmen
. 24. & 25. Oktober 1997 Öffentlicher Gastkurs (Klaviermasterclasses) Karl Ulrich Schnabel, Musikhochschule Graz
. 27. bis 29. Oktober Öffentlicher Gastkurs (Klaviermasterclasses) Karl Ulrich Schnabel, Musikhochschule Mozarteum Salzburg
Die Masterclasses von Karl Ulrich Schnabel an den Musikhochschulen Graz und Salzburg für Studenten des Konzertfach Klavier fanden großen Anklang bei Studenten und Lehrenden.
. 5. November 1997 Klezmerensemble Scholem Alejchem, Aktionsradius Augarten
An Stelle der szenischen Lesung mit Musik im Rahmen der Veranstaltungsreihe 'Die verlorene Insel', fand aufgrund der Erkrankung von Karoline Koczan ein Konzert mit Klezmermusik statt, das sich großen Publikumsandrangs und einer wunderbaren Atmosphäre erfreute.
. 19. November 1997 Vortrag: Viktor Zuckerkandl, Literaturhaus
Wolfgang Suppan, Ordinarius für Musikethnologie an der Musikhochschule Graz, sprach über das hochinteressante Leben und Wirken des Musikwissenschafters und Heinrich Schenker-Schülers Viktor Zuckerkandl (1896-1965).
. 3. Dezember, 1997 'FRAUEN SIND KEINE ENGEL', Aktionsradius Augarten
Ein Collage-Programm mit Schlagern und Texten zum Thema 'Frauen im Dritten Reich' von Susanne Wolf mit Susanne Rossouw, Ursula Widmer und Christo Stanischeff im Rahmen der Veranstaltungsreihe 'Die Verlorene Insel'.
. 28. Januar 1998 Vortrag: Ernst Toch, Literaturhaus
'Zwischen Schein und Sein' - Anja Oechsler referierte über den Komponisten Ernst Toch (1887-1964) in Hollywood. Mit einem Filmausschnitt und Musikbeispielen.
. 29. Januar 1998 Gesprächskonzert 'Hommage an Ernst Toch' im Rahmen der Urania- Konzertreihe 'Vertriebene Komponisten und zeitgenössische Musik'
Wolfgang Heisig (Komponist und Phonolist) und Andreas Jungwirth (Sprecher, Moderation) gestalteten einen Abend zu 'Ernst Toch und die mechanische Musik' (Phonola-Klavier) mit österreichischen Erstaufführungen, u.a. von Marcel Duchamp, Conlon Nancarrow und Wolfgang Heisig.
. 18. Februar 1998 Vortrag:' Brüder, zur Sonne, zur Freiheit!', Literaturhaus
Der Publizist Winfried Schneider sprach zur Musikkultur der österreichischen Arbeiterbewegung, das Exil ihrer Exponenten und brachte historische Tonaufnahmen.
. 23. Februar 1998 Gesprächskonzert 'Hommage an Erwin Weiss' im Rahmen der Urania- Konzertreihe 'Vertriebene Komponisten und zeitgenössische Musik'
Der Jedweder Küchenchor, Dirigenten: Florian Kovacic und Erwin Weiss, sang politische Lieder und Lieder aus dem Exil von Erwin Weiss, umrahmt von Werken anderer vertriebenen Komponisten und Textautoren. Kammersänger Georg Tichy, Wiener Staatsoper, wurde vom Komponisten am Klavier begleitet. Christian Baier sprach mit Erwin Weiss. Das Konzert stand unter dem Ehrenschutz von Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer.
. 26., 27., und 28. Februar 1998, Seminar Klezmermusik, Institut für Volksmusikforschung
Dieses erste Blockseminar mit Workshop von Isaak Loberan und Joshua Horowitz für Instrumentalisten und Sänger war so erfolgreich, daß die kommenden Workshops im Mai bereits am 28. Februar ausgebucht waren.
. 18. März 1998, Festakt 60 Jahre Protestnote Mexiko, Jüdisches Museum der Stadt Wien
Zu diesem von Markus Patka und Christian Kloyber initiierten, mit der Theodor Kramer Gesellschaft, dem DÖW und dem Jüdischen Museum der Stadt Wien veranstalteten Abend konnte Orpheus Trust den musikalischen Teil in Form von Musik der nach Mexiko emigrierten KomponistInnen Marcel Rubin, Ruth Schönthal und Hanns Eisler, gespielt von Claus-Christian Schuster und Yair Kless, beisteuern.
. 23. April 1998 Franz Mittler: Jazziges für Klavier, Lieder und Schüttelreime
Aktionsradius Augarten, Veranstaltungsreihe 'Die Verlorene Insel'
Aufgrund der Erkrankung von Pianistin Manon Liu Rennert wurden die Klavierwerke Franz Mittlers von Diana Mittler-Battipaglia, der Tochter des Komponisten, die auch Sängerin Enikö Butkai bei 'Lieder nach Texten von Karl Kraus' begleitete, gespielt. Komponist Konrad Rennert las Mittlers Schüttelreime und sprach mit Diana Mittler-Battipaglia über das fremde und doch so nahe Wien, die Stadt aus der ihre Eltern vertrieben wurden.
. 24. April 1998 Komponistenporträt Franz Mittler, Herbert von Karajan Centrum
Ausgewählte Kammermusik Franz Mittlers, darunter das wunderbare Klaviertrio des Siebzehnjährigen, mit Diana Mittler-Battipaglia, André Emelianoff (New York), Violoncello, Paul Roczek, Leiter der Internationalen Sommerakademie Mozarteum, Violine, und dem Pro Arte Quartett (Salzburg). Thomas Gayda moderierte.
. FRITZ SPIELMANN FESTIVAL 'SPRING CAME BACK TO VIENNA'
Rückblickend kann der Verein Orpheus Trust auf die Fülle und Vielfalt dieser Veranstaltungen im Vereinsjahr 1997/98, die zwar nicht immer, aber doch meistens, auf reges Publikumsinteresse gestoßen sind, stolz sein - in Zukunft wird eine gewisse Reduktion und gezielte Auswahl der Veranstaltungen dennoch unumgänglich sein. Das gestiegene Interesse für die 'vertriebene Musik' hat - durchaus auch von der Vereinstätigkeit des Orpheus Trust angeregt- auch unabhängig von Orpheus Trust eine Reihe von musikalischen Aktivitäten hervorgebracht, womit eine der wichtigsten Vereinszielsetzungen, nämlich eine 'Lobby' für vertriebene Musikschaffende zu schaffen, schon ein wenig realisiert werden konnte und die eigene Veranstaltungstätigkeit auf ein entsprechendes Maß zurückgebracht werden kann.
5. Zur finanziellen Situation
Am 22. Mai 1998 hatte der Verein Orpheus Trust 190 zahlende ordentliche und außerordentliche Mitglieder - eine höchst erfreuliche Verdoppelung der Mitgliederzahl im vergangenen Jahr. Neben den Mitgliedsbeiträgen waren es auch die zusätzlichen Spenden der Vereinsmitglieder, die über mühsame Strecken hinweg geholfen haben und mit diesem sichtbaren Zeichen der Wertschätzung Bestand und Fortsetzung der Vereinsarbeit außer Zweifel stellen. Zahlreiche prominente Musiker, Wisssenschafter und Veranstalter aus allen Bereichen, aber auch nichtberuflich- Involvierte im In- und Ausland zählen zu den Mitgliedern.
Aus der beiliegenden Jahresabrechnung ließe sich vielleicht irrtümlicherweise schließen, der Verein Orpheus Trust hätte im vergangenen Vereinsjahr für seine Aktivitäten aus dem Vollen schöpfen können. Dies trifft jedoch nicht zu, auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick eine andere Sprache zu sprechen scheinen. Die öffentliche Subvention im Jahr 1997 hat sich bis kurz vor Jahresende auf öS 80.000,-- des BKA. Kunst für die Veranstaltungstätigkeit '97 beschränkt. Eine erste schriftliche Zusage über eine Förderung des Fritz Spielmann Festivals ging erst Ende Dezember ein, weitere erfreuliche Zusagen und Überweisungen folgten aber nur tröpfchenweise, sodaß bis heute noch eine zugesagte Überweisung von öS 50.000,-- für die Ausstellung ausständig ist; zur angesuchten Jahresförderung für 1998 kam sogar erst am 13. Mai eine schriftliche, allerdings positive Antwort. Dies hatte zur Folge, daß Ende 1997 zwar das noch offene Guthaben von Gruber aus dem Vereinsjahr 96/97 getilgt war (der Kontostand machte die Führung einer Handkasse bis vor kurzem unmöglich, und so mußten dringende Ausgaben immer wieder privat von Primavera Gruber ausgelegt werden), im Laufe der ersten Monate 1998 die Veranstaltungstätigkeit jedoch weitere 'Darlehen' für Barausgaben wie Porto, Kopien, Büromaterial und sogar Musikergagen erforderlich machten. Der Strom an Mitgliedsbeiträgen, die vor allem Anfang des Jahres einsetzte, hat ein noch höheres, und damit wirklich nicht mehr tragbares Defizit Primavera Grubers erfreulicherweise verhindern können. Erst nach der schriftlichen Subventionszusage am 13. Mai d. J. (daher in der Jahresabrechnung noch nicht angeführt) konnte nun auch dieses Guthaben an Primavera Gruber zurückgezahlt werden - die Überweisung dieser Subvention wird allerdings noch etwas dauern. Arbeitsstunden und Büroinfrastrukturkosten konnten bisher bis auf einen Bruchteil (ca. 15%) nicht abgegolten werden und scheinen daher in der Abrechnung nicht auf; im kommenden Vereinsjahr werden aber erstmals Mittel für Personalaufwand vorhanden sein.
Die Subvention der Jahrestätigkeit 1998 wird mit öS 250.000,-- (ohne Fritz Spielmann Ausstellung) vom BKA. Kunst zwar wesentlich höher als im Vorjahr ausfallen, sie ist allerdings nach wie vor mit der Veranstaltungstätigkeit verknüpft und sieht keine Mittel für den laufenden Betrieb vor. Dieser laufende Betrieb ist jedoch seit der Vereinsgründung als Basis für die oben beschriebenen Tätigkeiten unumgänglich gewesen, und im vergangenen Vereinsjahr ist der Arbeitsaufwand noch dazu enorm gestiegen.
Neben der Veranstaltungstätigkeit und der Forschung im engeren Sinne sind die Dokumentation, die Vermittlungstätigkeit, die Kontaktpflege mit Exilanten, Wissenschaftern, Veranstaltern, Künstlern und Interessenten, Öffentlichkeitsarbeit, das höchst zeitaufwendige Fundraising samt Projekt- und Jahresabrechnung, die Pflege des Adressenbestandes, Buchhaltung und Vereinsadministration (mailings) Teil der täglichen Aufgaben.
Die Durchführung dieser vielfältigen Vereinsaktivitäten ist von einer Person allein nicht bewältigbar. Trotz einer höchst kräftezehrenden regelmäßigen 'doppelten' Arbeitswoche von Primavera Gruber im vergangenen Jahr, trotz Übernahme von Tätigkeiten durch den Vorstand und Mitarbeit von Thomas Gayda (Nachlaß Fritz Spielmann) und Regina Thumser (Forschungsprojekt), mußte vieles unerledigt bleiben. Wichtigster Schritt zur Behebung dieser Situation sollte daher die Einstellung einer Teilzeitmitarbeiterin (die auch bereits gefunden wurde) sein.
Die positive Entwicklung des Vereines Orpheus Trust darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß zu einer professionellen Struktur noch ein weiter Weg zu gehen ist. Es liegt sehr viel Arbeit vor uns und die Zeit drängt, da viele Exilanten in einem hohen Alter stehen.
6. Zukunftsperspektiven
Als nächstes Ziel steht die Aufarbeitung des Nachlasses von Fritz Spielmann an; höchste Priorität genießt daneben die allgemeine Dokumentation, das Sammeln von Informationen zu vertriebenen Musikschaffenden, da das Verstreichen der Zeit diese Aufgaben immer mehr erschwert. Die verstärkte Kooperation mit musikwissenschaftlichen Institutionen soll die Erweiterung und Lückenfüllung der Datenbank, im Idealfall gemeinsam mit Diplomanden und Dissertanten, unterstützen.
Die Vermittlungstätigkeit wird weiterhin einen wichtigen Platz einnehmen - auch dazu ist der rasche Ausbau der 'Werkdatenbank' (Quellenbestandsaufnahme) erforderlich.
Auf Veranstaltungsgebiet sollte die Hanns Eisler Ausstellung der Berliner Akademie der Wissenschaften, die zu Jahresende im Literaturhaus gezeigt werden wird, Mittelpunkt weiterer Veranstaltungen des Orpheus Trust sein.
Als Koproduktionen sind ein Konzert beim Heiligenkreuzer Herbst, Klezmerworkshops mit Giora Feidman, die musikalische Betreuung des Projektes 'Verlorene Nachbarschaft' (Synagoge Neudeggergasse) sowie die Weiterführung der Vortragsreihe im Literaturhaus geplant. Auch für 1999 sind bereits einige Veranstaltungen im Gespräch.
Die Einrichtung eines Programmbeirats (Board of Advisors) wird die Tätigkeit des Vorstandes erleichtern und strukturieren.
Abschließend möchte ich mich auch noch ganz persönlich bedanken: für das Vertrauen und die Unterstützung der Mitglieder und Förderer, für die Wärme, die uns von Exilanten und ihren Nachkommen entgegen gebracht wird, für die Geduld, die im Umgang mit dem Sekretariat manchmal notwendig ist, und für die Kraft der bisherigen Vorstandsmitgliedern, die erforderlich war, mit den immer wieder vorhandenen Widerständen und Widrigkeiten zurechtzukommen.
Wien, am 27. Mai 1998
Primavera Gruber
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Paul Philipp
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